Auffahrunfall. Austausch von Versicherungsinformationen. Meldung bei der Versicherung. Schadensregulierung. Ein Prozess, der unzählige Male abläuft – und bei dem Kunden das Gefühl haben möchten, dass sie gut aufgehoben sind.
“Unsere Kunden wollen schnellen Service. Das heißt nicht, dass der Schaden sofort erstattet werden muss. Sie wollen vor allem emotional abgeholt und individuell behandelt werden. Bei hunderttausenden Schadensfällen ist das natürlich nicht einfach“, meint Nadine Fiedler, die im Bereich Schadensteuerung bei UNIQA Österreich arbeitet.
UNIQA Österreich ist mit 3,6 Millionen Kunden einer der größten Versicherer Österreichs, für Privatpersonen reicht das Leistungsspektrum von den Bereichen Gesundheit und Vorsorge bis hin zu Kfz und Wohnen.
Weil man im Bereich operative Exzellenz bereits sehr gute Erfahrungen mit einer prozessorientierten Herangehensweise gemacht hatte, wollte man auch die Schadenabwicklung auf diese Weise optimieren. Dieses Mal mit Celonis.
Internetriesen wie Google und Amazon geben heute Standards vor, die noch nicht alle Branchen in dieser Geschwindigkeit umsetzen können. Gerade in Zeiten von Lieferungen am selben Tag und Video-on-Demand erscheint das Service-Level-Agreement (SLA) für unkomplizierte Fälle mit sieben Tagen zwischen Schadensmeldung und Erstattung wie eine halbe Ewigkeit.
Aber so einfach ist das nicht: Betrachtet man allein die Bereiche Sach- und KFZ-Schäden, sind die internen Prozesse bei UNIQA hochkomplex. Die Bearbeitung von gemeldeten Schäden findet an fünf individuell spezialisierten Standorten statt.
Diese Standorte haben einen eigenen Empfänger-Postkorb, bei dem Schadensmeldungen über E-Mail, Fax oder physische Post eingehen. Die Schadensmeldungen werden wiederum einem zuständigen Referenten innerhalb des Standorts zugeteilt.
Parallel dazu gleicht die UNIQA Systemlandschaft einem weit verzweigten Wurzelwerk: Es gibt ein Kernsystem für die eigentliche Schadensabwicklung, welches wiederum mit zahlreichen anderen Systemen interagiert. Es gibt zusätzlich jeweils ein eigenes System für Posteingang, elektronischen Belegfluss, Dokumentenmanagement, Beauftragung von Sachverständigen und Schadenregulierung durch den Außendienst.
“Es gab viele Reibungen zwischen Systemen, die eigentlich zusammenspielen müssen. Uns ging es in erster Linie darum, einen besseren Überblick zu bekommen und herauszufinden, wo der Prozess ins Stocken gerät”, erinnert sich Fiedler.
Allein in der POV-Phase mit dem Schwerpunkt Elementarversicherung konnte man mit Celonis über 100.000(!) verschiedene Prozessvarianten identifizieren.
Eine wichtige Aufgabe bei der Schadenbearbeitung ist das korrekte Routing von E-Mails. Bei UNIQA sind Schadenteams auf einzelne Sachverhalte spezialisiert, zu bearbeitende Fälle sollten über den elektronischen Belegfluss an das richtige Team versendet werden.
Vor Celonis wurden die Zuständigkeiten zum Beispiel über bestimmte Wörter oder spartenspezifische Zahlen im Betreff der Mail geregelt. Mitarbeiter berichteten, dass sie einen hohen manuellen Aufwand betreiben mussten, weil diese Art der Weiterleitung nicht immer das richtige Team adressierte.
Eine Analyse mit Celonis ergab, dass das Bauchgefühl der Mitarbeiter richtig war, und nur etwa 70% aller Fälle korrekt weitergeleitet wurden. “Ping Pong”, wie Nadine Fiedler sagt. Es bestand Handlungsbedarf.
In Zusammenarbeit mit der IT von UNIQA wurde ein Routing eingeführt, das einen Abgleich zwischen Schadennummer und zuständigem Referenten durchführt. Außerdem wurden die Referenten angewiesen, bei ausgehenden Korrespondenzen die Schadennummer im Betreff anzugeben, damit E-Mails von Anfang an exakt zugewiesen werden.
Das Ergebnis: Die Quote korrekt weitergeleiteter Fälle liegt nun bei 90% und verbessert sich stetig.
Das ist noch nicht alles: Eine weitere datengetriebene Analyse konnte zeigen, dass Schadengutachten zwar im richtigen Empfänger-Postkorb landeten, in vielen Fällen aber nicht den zuständigen Referenten fanden.
Die Gutachten der Sachverständigen wurden immer mit dem gleichen Betreff geschickt, in dem unter anderem die individuelle Schadennummer angegeben wurde.
Theoretisch sollte das reibungslos funktionieren, aber eine genaue Überprüfung ergab, dass Schadennummern nur in bestimmten Formaten akzeptiert wurden. Wenn das Format nicht stimmte, landete das Gutachten nicht beim richtigen Referenten von UNIQA.
Eine Anpassung innerhalb des Gutachter-Systems war der Schlüssel. Die Schadennummer kann jetzt nur noch im korrekten Format eingegeben werden, jedes eingehende Gutachten, egal ob per E-Mail, Fax oder physische Post findet seinen richtigen Adressaten.
Auf der Mikroebene erscheinen diese Harmonisierungen wie kleine Anpassungen, bei einem Versicherer mit der Größe von UNIQA sparen sie aber Unmengen an Zeit, manuellen Schritten und Ressourcen ein. Zudem stellen sie sicher, dass alle Kundenanfragen innerhalb des SLA bearbeitet werden können.
Bisher hat man in der Schadensteuerung die Bereiche Haftpflicht-, Kfz- und Elementarversicherung mit Celonis optimiert. Als nächstes soll Rechtsschutz, und damit alle Bereiche der Schadensbearbeitung mit Process Mining analysiert, verbessert und überwacht werden.
Zwei weitere Themen hat UNIQA im Blick: Mit der Celonis Action Engine will man in Zukunft proaktiv auf dringende Schadensfälle eingehen. Darüber hinaus wird bis zum Jahr 2025 das bisherige Kernsystem komplett erneuert. “Bis dahin müssen alle Prozesse stimmen”, erklärt Nadine Fiedler. Und UNIQA steht dabei auf sicheren Beinen.